Kamelle! Kamelle! – Nur für deutsche Kinder?
Am Rosenmontag ist das ganze Rheinland auf den Beinen. Die Menschen stehen am Straßenrand und schauen auf ihren Karnevalsumzug. Besonders für die kleinen Jecken jedes Jahr ein Highlight, denn es wird mit Süßwaren geworfen. Eine schöne Tradition, die nur einen schalen Beigeschmack hat: Deutsche Kinder kriegen mehr.
Zu Anfang war es nur eine seltsame Ahnung, als ich am Rosenmontag in Köln am Straßenrand stand und neben mir in der ersten Reihe direkt ganz vorne zwei blonde Kinder ohne Migrationshintergrund und zwei dunkelhaarige mit einem solchen standen. Mir fiel auf, dass die beiden dunkelhaarigen Kinder insgesamt deutlich weniger Süßigkeiten abbekamen.
„Kamelle! Kamelle!“ riefen alle vier ganz tapfer und natürlich bekamen auch alle vier Süßigkeiten zugeworfen, dennoch im Lauf der Stunden stellte sich ein Ungleichgewicht ein. Die Taschen der beiden blonden Kinder waren Rand voll, die der dunkelhaarigen nicht mal zur Hälfte gefüllt.
Ein Phänomen, auf das ich nach einer Weile meinen Begleiter aufmerksam machte. Auch er begann zu beobachten. Wir beide kamen schließlich nach mehreren Stunden Umzug zu einem eindeutigen Urteil: Was hier passiert, ist leider Alltagsrassismus.
Einer Einzelperson lässt sich in diesem Fall wohl kaum ein Vorwurf machen. Denn da stehen schlicht einzelne Jecken hoch auf dem Wagen und werfen Gummibärchen und Schokolade in die Masse und oftmals gezielt in Kinderhände. Die Fußgruppen drücken strahlenden kleinen Jecken direkt die Leckereien in die Hand. Ich bin überzeugt, dass die Einzelnen gar keinen Unterschied machen wollen, welche Kinder etwas bekommen. Ich bin mir sicher, dass niemand Kinder mit Migrationshintergrund diskriminieren möchte – dennoch, es passiert.
Bei fast jeder Gruppe oder jedem Wagen, der an uns vorüber zog, beobachteten wir stets das gleiche Phänomen. Alle Kinder bekamen etwas, aber die gezielten Würfe und das direkte Zugehen auf die Kinder erreichte die beiden blonden Kinder in merklich erhöhter Frequenz. Scheinbar zogen die beiden die Süßigkeiten verteilenden Jecken stärker an, als die anderen.
Da nun der Rosenmontagszug in Köln über Stunden durch die Stadt zieht, fügten sich all die kleinen Zufälle, all die einzelnen Handlungen zu einem großen Ganzen zusammen. Bemerkbar für mich, bemerkbar für meine Begleitung und auch eindeutig bemerkbar für die beiden kleinen dunkelhaarigen Kinder, die ihre Mutter immer wieder fragten, warum die anderen mehr bekommen haben.
Mein Begleiter und ich reagierten kurzerhand und teilten unsere Kamelle-Beute mit den beiden Kindern. Wir machten ihre Taschen auch randvoll. Dennoch – ein Gefühl der Ohnmacht bleibt bestehen. Niemand will diskriminieren, doch es passiert.
Mein Wunsch: JECKEN, ÄNDERT DAS.