Der Angriff auf das Territorium der CDU
Lange ging es nur um einen Streit über die richtige Flüchtlingspolitik zwischen den Schwestern CDU und CSU. Doch mittlerweile verdichten sich die Anzeichen für eine handfeste Familienkrise. Möglich gar, dass die CSU längst den Angriff auf das Territorium der CDU plant.
Der ehemalige Bundesinnenminister der CSU, Hans-Peter Friedrich, twittert „#CDU und #CSU lassen sich nicht spalten. Der #Merkel-Flügel der CDU kann sich ja ins rot-grüne Team verabschieden.“ Er schreibt es und spaltet damit selbst. Merkel und ihre Unterstützer werden zum Schmuddelkind erklärt. Sie sind das Familienmitglied, das allen fremd ist, und das man am liebsten los wäre. Das Familienmitglied, das nur noch da ist, weil man blutsverwandt ist, nicht weil man gemeinsame Ziele teilt.
Der Tweet wird gesendet am Tag nachdem der SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Zimmermann ein liegen gebliebenes, neues CSU-Beitrittsformular gefunden hat, in dem man ausfüllen soll, ob man aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder Sachsen stammt. Plant die CSU den Einmarsch in die Landesparteien der Nachbarländer?
Seehofer verliert jedes Maß in der Kritik gegenüber Angela Merkel in Berlin. Eine Sprache, wie wir sie aus der Zeit kennen, als Oskar Lafontaine seine Gründung der Linkspartei vorbereitete und gegenüber Kanzler Schröder kein Halten mehr fand.
Angela Merkel ist der Horror der CSU
Angela Merkel ist das Schlimmste, was die CSU sich vorstellen konnte. Eine Frau aus dem Osten übernimmt die Macht in der CDU. Sie hat keine Ochsentour hinter sich. Sie war nie in der Jungen Union und damit nicht Teil des gemeinsamen Begegnungsraums zwischen CSU- und CDU-Nachwuchs. Sie gehört keinem etablierten innerparteilichen Traditionsnetzwerk an. Sie ist der Worst Case, denn sie baut sich über Jahre hinweg ihr eigenes Netzwerk aus bedingungsloser Loyalität und fernab der alten christdemokratischen Traditionen.
Ihrem Netzwerk fällt ein CDU-Fürst nach dem anderen zum Opfer. Es hagelt Rücktritte und Rückzüge und eine Staatskanzlei nach der anderen geht an die Sozialdemokraten und den grünen Kretschmann verloren. Für die CSU ist aus der Ära Merkel längst kein Ausweg mehr in Sicht.
Kein Ausweg aus der Ära Merkel
Die Landtagswahlen Anfang 2016 zerschlagen alle Hoffnungen auf eine konservative Nachfolge Angela Merkels. Guido Wolf in Baden-Württemberg erweist sich als Rohrkrepierer und die konservative Julia Klöckner verspielt in Rheinland-Pfalz gegen Malu Dreyer ihre Chance auf die Merkelnachfolge. Was jetzt noch nach Merkel kommt ist wie Merkel. Irgendwie Mitte, nicht wirklich konservativ und aus der Sicht der CSU gefährlich links. Die CSU fühlt sich längst nicht mehr verbunden mit einer konservativen Schwesterpartei, sondern gefangen in einem Zweckbündnis mit einer sozialdemokratisierten CDU.
Grund genug für die CSU, über einen Bruch mit dieser entfremdeten Schwester nachzudenken. Seit Monaten droht man damit, die Bundesregierung zu verklagen, der man selber angehört. Alle CSU-Minister in Berlin sind komplett aus der Öffentlichkeit abgetaucht. Was man zu Beginn noch für Inkompetenz hielt, entpuppt sich mehr und mehr als Strategie. Man will in der CSU nicht mehr als Teil der Berliner Koalition wahrgenommen werden. Man plant nicht länger die Revolte, jetzt geht es um eine Revolution.
CSU-Angriff auf die Nachbarländer?
Wenn die CSU zum Angriff auf die CDU bläst, wird sie nicht wenige Unterstützer finden. Sachsens Unionisten fühlt sich in der CDU zunehmend als Fremdkörper, in Hessen bangt man langfristig um die Macht und in Baden-Württemberg fühlen sich die Christdemokraten von ihrer Kanzlerin verraten. Sie glauben, die Kanzlerin in Berlin habe mit Kretschmann kollaboriert und, um ein Zeichen der Überlegenheit zu setzen, den CDU-Erfolg im Ländle geopfert.
Würde die CSU tatsächlich das Bündnis mit den CDU-Landesverbänden rund um Bayern suchen, könnte sie Merkel stürzen und gleichzeitig ihren Einfluss in Berlin massiv steigern.
Auch einen Machtverlust in der neuen, größeren CSU müsste sie kaum fürchten. Die CSU hat in Bayern mehr Mitglieder, als alle CDU-Landesverbände um sie herum zusammen. Damit wäre klar, dass ein Bayer das neue Bündnis führt – nicht länger als Anhängsel an die CDU, sondern auf Augenhöhe.